Die Science Based Targets initiative (SBTi) hat im März 2025 ihren überarbeiteten Net-Zero Standard (Version 2.0) veröffentlicht. Ab 2027 wird dieser verbindlich – und ersetzt die bisherige Version 1.2, die noch bis Ende 2026 verwendet werden darf. Die neuen Anforderungen gehen deutlich weiter: Sie machen Klimazielsetzung nicht nur ambitionierter, sondern auch verbindlicher, planbarer und überprüfbarer.
Warum wird die Zielsetzung jetzt anspruchsvoller?
Version 2.0 verlangt mehr Aktualität und Trennschärfe:
- Das gewählte Basisjahr darf künftig nur noch drei Jahre zurückliegen – Zielsetzungen mit einem Referenzjahr wie 2015 gehören damit der Vergangenheit an.
- Unternehmen müssen Scope 1 und 2 getrennt statt gemeinsam ausweisen.
- Auch Scope 3 wird neu bewertet: Statt starrer Abdeckungsquoten rückt die Relevanz und Beeinflussbarkeit einzelner Kategorien stärker in den Fokus.
Die SBTi ermöglicht künftig mehr Flexibilität – etwa mit Budgetansätzen, die temporäre Abweichungen erlauben. Gleichzeitig steigt die Erwartung an Methodensicherheit und Transparenz.
Muss jetzt jede Zielsetzung auch einen Plan vorweisen?
Ja – und das ist eine der größten Neuerungen. Ab 2027 müssen Unternehmen spätestens 12 Monate nach Zielvalidierung einen konkreten Transition-Plan vorlegen. Dieser muss öffentlich gemacht werden und Anforderungen wie denen des UN High-Level Expert Group Standards (HLEG) entsprechen.
Zielsetzungen ohne belastbare Umsetzung sind damit nicht mehr akzeptiert – Klimastrategie wird zur Managementaufgabe mit Berichtspflicht.
Was bedeutet das für die Prüfung und Glaubwürdigkeit?
Große Unternehmen – die sogenannten Category A-Unternehmen – müssen ihre THG-Bilanz extern prüfen lassen. Das betrifft insbesondere das Basisjahr.
Darüber hinaus wird der Fortschritt künftig durch einen Standardalgorithmus bewertet. Unternehmen, die ihre Ziele nicht einhalten, müssen aktiv nachsteuern – Zielverfehlungen bleiben also nicht folgenlos.
Welche Rolle spielen Carbon Removals und Strommix künftig?
Unternehmen müssen frühzeitig Carbon Removals einplanen, also Maßnahmen zur CO₂-Entfernung. Diese sind nicht mehr nur zum Net-Zero-Zeitpunkt relevant, sondern auch für Zwischenziele.
Auch der Umgang mit Scope-2-Emissionen verändert sich: Statt Market- oder Location-based müssen künftig beide Perspektiven berücksichtigt werden. Für viele bedeutet das: Die Stromstrategie muss grundlegend neu aufgesetzt werden.
Removals vs. Offsets – Wo liegt der Unterschied?
Carbon Removals | Kompensation (Offsets) | |
Ziel | CO₂ aktiv aus der Atmosphäre entfernen | CO₂-Ausstoß an anderer Stelle ausgleichen |
Beispiel | Aufforstung, Direct Air Capture, Bodenbindung | Finanzierung von Klimaschutzprojekten (z. B. Solar) |
Anerkennung durch SBTi | Pflichtbestandteil für Net-Zero-Strategie | Nur freiwillig, kein Ersatz für Reduktion oder Removals |
Zeitpunkt der Wirkung | CO₂ wird real und messbar entzogen | CO₂-Ausstoß wird indirekt verhindert oder kompensiert |
Langfristigkeit | Muss dauerhaft sein (z. B. durch Speicherlösungen) | Häufig temporär, keine Garantie für Langzeiteffekt |
Fazit: Offsets ≠ Removals. In SBTi 2.0 geht es um echten Entzug, nicht um Ausgleichsbuchungen.
Wie verändert sich die Kommunikation über Klimaziele?
Transparenz wird zur Pflicht: Unternehmen müssen ihre Ziele, Zuständigkeiten, Fortschritte und Aktualisierungszyklen öffentlich machen – und das im Einklang mit internationalen Rahmenwerken. Auch die Frequenz der Fortschrittskommunikation wird reguliert.
Eine zusätzliche Entlastung gibt es bei Scope 3: Nicht-wesentliche Kategorien müssen künftig nur noch alle drei Jahre neu berechnet werden – das schafft Luft für das Wesentliche.
Was heißt das für Unternehmen jetzt konkret?
Die Zeit der unverbindlichen Klimaziele ist vorbei. Die SBTi Net-Zero Version 2.0 macht klar: Unternehmen müssen ihre Klimastrategien belastbar aufstellen – mit aktuellem Datenbezug, interner Verankerung und externer Prüfung. Wer sich jetzt vorbereitet, sichert nicht nur regulatorische Konformität, sondern auch Glaubwürdigkeit und Wettbewerbsfähigkeit.

Neugierig auf alle Änderungen im Überblick?
Wir haben die Unterschiede zwischen Version 1.2 und 2.0 in einer kompakten Tabelle gegenübergestellt. Ideal für Teams, Entscheider:innen und Projektplanung.
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SBTi Net-Zero – Was sich mit Version 2.0 konkret ändert (ab 2027)
Bereich | Bisher (Version 1.2) | Neu ab 2027 (Version 2.0) | Was bedeutet das konkret? |
Transition Plan | Nicht verpflichtend | Innerhalb von 12 Monaten nach Zielvalidierung verpflichtend; öffentlich & standardnah (HLEG) | Unternehmen brauchen früh einen strukturierten Umsetzungsplan – kein Ziel ohne Plan mehr |
Basisjahr | Frei wählbar, bis zurück zu 2015 möglich | Basisjahr darf maximal 3 Jahre zurückliegen | Keine Schönrechnung mit alten Referenzjahren mehr – aktuelle Datenlage wird Pflicht |
Externe Prüfung | Keine Pflichtprüfung | Kategorie A-Unternehmen: Externe Prüfung („Limited Assurance“) des Basisjahrs | Mehr Prüfpflicht = höhere Datenqualität & interne Vorbereitung nötig |
Scope 1+2 Zielsetzung | Gemeinsames Ziel zulässig | Separate Ziele für Scope 1 und 2 verpflichtend | Mehr Transparenz & Trennschärfe in der Zielsetzung erforderlich |
Scope 3 Zielabdeckung | 67 % (kurzfristig) / 90 % (langfristig) | Fokus auf „relevanteste & beeinflussbare Kategorien“ – qualitative Bewertung | Scope 3 wird strategischer: Lieferkettenmanagement & Wirkung im Fokus |
Zielmethodik | Einheitliche Benchmarks, geringe Flexibilität | Neue Methoden: Budgetansatz, Berücksichtigung historischer Fortschritte | Mehr Flexibilität – aber auch mehr Verantwortung in der Auswahl der Methode |
Scope 2 Strommix-Ziele | Market- oder Location-based zulässig | Doppelstrategie: Location-based + market-based/zero-carbon erforderlich | Stromstrategie muss differenziert aufgestellt und belegbar sein |
Carbon Removals | Erst ab Net-Zero-Zeitpunkt relevant | Bereits während der Transformation zu planen, inkl. Zwischenzielen | Frühzeitige Strategie für Restemissionen nötig – inkl. echter Removals |
Fortschrittsmessung | Uneinheitlich, wenig Standardisierung | Bewertung durch festen Algorithmus; Pflicht zur Nachsteuerung bei Zielverfehlung | Fortschritt wird messbar, vergleichbar & verpflichtend – keine Grauzonen mehr |
Kommunikation & Transparenz | Eigenverantwortlich, wenig geregelt | Offenlegungspflichten zu Zielen, Zuständigkeiten & Fortschritten | Kommunikation wird formell, regelmäßig & Teil der Strategie |
Scope-3-Berechnung | Neu berechnen, sobald sich etwas ändert | Nicht-wesentliche Kategorien nur alle 3 Jahre neu bewerten | Entlastung bei unwesentlichen Daten – Fokus auf Relevanz |