Rüstungsunternehmen und ESG – Wie eine neue Sicherheitsrealität die Nachhaltigkeitsdebatte verändert 

Was bis vor wenigen Jahren noch undenkbar war, ist heute Realität: Rüstungsunternehmen gelten zunehmend als ESG-konform. Die sicherheitspolitische Zeitenwende – ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine und die geopolitische Instabilität – zwingt Investoren, ESG-Verantwortliche und Banken zum Umdenken. Sicherheit gilt nun als Teil von Nachhaltigkeit. 

Vom Ausschluss zum Investment: Die ESG-Wende bei Rüstungsunternehmen 

Lange galten Verteidigungsfirmen pauschal als nicht investierbar im Rahmen von ESG-Kriterien. Rüstung wurde mit Krieg, Gewalt und ethischen Konflikten verbunden – und damit konsequent ausgeschlossen. 

Doch diese Perspektive ändert sich: 

  • Sicherheit gilt als Grundvoraussetzung für eine stabile Gesellschaft. 
  • Verteidigung wird als Beitrag zum Erhalt demokratischer Systeme verstanden. 
  • Das UN-Nachhaltigkeitsziel SDG 16 („Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“) wird zunehmend als Legitimation für Investments in konventionelle Rüstung herangezogen. 

Das Ergebnis: Unternehmen wie Rheinmetall, Saab, Hensoldt oder BAE Systems rücken in den Fokus nachhaltiger Investoren. 

Wer investiert wieder – und warum? 

In vielen Ländern haben ESG-orientierte Fonds ihre Ausschlusskriterien überarbeitet. Der Trend begann in Skandinavien und setzt sich nun auch in Zentraleuropa fort: 

  • Schwedische Pensionsfonds wie die AP-Fonds halten wieder Anteile an Saab. 
  • KLP, Norwegens größter Pensionsfonds, lockerte seine Waffen-Filter. 
  • Französische Asset Manager klassifizieren Verteidigung zunehmend als „sozial nachhaltige Infrastruktur“. 

Auch ESG-Ratingagenturen wie MSCI oder Sustainalytics prüfen aktuell, wie sie konventionelle Rüstungsunternehmen neu bewerten können – ohne ihre Prinzipien zu kompromittieren. Dabei wird zunehmend differenziert: Wer ausschließlich an demokratische Staaten liefert und keine kontroversen Waffensysteme produziert, wird milder beurteilt. 

Kapitalflüsse, Börsenwerte und ein symbolischer Aufstieg 

Die Märkte haben bereits reagiert – und zwar stark

  • Rheinmetall wurde 2023 in den deutschen Leitindex DAX aufgenommen. 
  • Rüstungsaktien erleben weltweit starke Kursgewinne. 
  • Institutionelle Gelder fließen – teils erstmals seit Jahren – in die Verteidigungsindustrie zurück. 

Diese Entwicklung ist nicht nur eine Reaktion auf geopolitische Risiken, sondern auch Ausdruck eines neuen gesellschaftlichen Konsenses: Rüstung ist nicht per se unethisch – sie kann, in bestimmten Rahmenbedingungen, Teil einer verantwortungsvollen ESG-Strategie sein. 

Was bedeutet das für Finanzinstitute und ESG-Teams? 

Die Veränderungen stellen Banken, Fondshäuser und ESG-Berater:innen vor neue Aufgaben – aber auch vor Chancen. 

1. ESG-Richtlinien überarbeiten 

Kriterien wie diese helfen bei einer differenzierten Beurteilung: 

  • Ausschluss kontroverser Waffen (z. B. Streubomben, Chemiewaffen) 
  • Zulassung konventioneller Verteidigungssysteme, die mit NATO/EU-konformem Recht vereinbar sind 
  • Transparenzpflichten über Endverwendung und Kundenstaaten 

So entstehen klare, ethisch vertretbare Rahmenbedingungen

2. Kundendialog ehrlich und differenziert führen 

Viele Anleger:innen haben eine klare ethische Haltung. Daher ist es wichtig: 

  • Proaktiv zu informieren, warum sich bestimmte Kriterien ändern 
  • Die politische und gesellschaftliche Entwicklung einzuordnen 
  • Alternativen anzubieten (z. B. Portfolios weiterhin ohne Rüstungsanteil) 

Ziel: Vertrauen schaffen, nicht rechtfertigen. 

3. ESG-Kompetenz aufbauen 

ESG ist kein starres Regelwerk, sondern ein sich wandelndes System. 
Beratungsteams sollten regelmäßig geschult werden, um: 

  • Regulatorische Entwicklungen (z. B. EU-Taxonomie) einordnen zu können 
  • Mit Kunden souverän über kontroverse Themen zu sprechen 
  • Die Argumentation zu schärfen: Nachhaltigkeit ≠ Naivität 

4. Neue Produkte und Services entwickeln 

Aus dem Wandel entstehen auch marktfähige Ideen: 

  • Themenfonds „Sicherheit & Resilienz“ 
  • ESG-Scoring-Modelle mit Fokus auf Sicherheitsaspekte 
  • Webinare, Workshops, Whitepaper zum Thema „ESG & Verteidigung“ 

Wer hier früh Expertise aufbaut, verschafft sich einen strategischen Vorteil

BI2run - Vortrag

Fazit: ESG ist in Bewegung – und wir begleiten den Wandel 

Der Fall „Rüstung und ESG“ zeigt exemplarisch, wie dynamisch nachhaltige Geldanlage ist. 
Was gestern noch pauschal ausgeschlossen wurde, wird heute differenziert betrachtet – und morgen vielleicht als notwendig angesehen. 

Finanzinstitute, die ihre Richtlinien, Beratung und Produkte jetzt klug anpassen, können ESG neu denken – verantwortungsvoll, realistisch und zukunftssicher. 

Ob ESG-Policy-Update, Produktentwicklung oder Kundenkommunikation: 
Wir unterstützen Sie – Banken, Fondsanbieter und Beraterteams, diesen Wandel kompetent zu gestalten – mit klaren Frameworks, fundierter Analyse und Erfahrung aus der Praxis. 

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