Stop-the-Clock: Zwei Jahre Aufschub, aber keine echte Sicherheit 

BI2run - Stop the Clock ESG

Am 3. April 2025 hat das Europäische Parlament dem sogenannten Stop-the-Clock-Vorschlag zugestimmt – mit deutlicher Mehrheit: 531 Ja-Stimmen, 69 Nein-Stimmen, 17 Enthaltungen. Die Entscheidung ist Teil des größeren Omnibus-Pakets zur Entlastung von Unternehmen bei EU-Regulierungen. Ziel: eine zweijährige Verschiebung der nächsten CSRD-Anwendungswelle. 

Was das bedeutet?

Auf den ersten Blick: eine Atempause für viele Unternehmen. 
Auf den zweiten Blick: viele neue Fragen – und vor allem keine echte Rechtssicherheit

Denn auch wenn die Brüsseler Schlagzeile nach Klarheit klingt: In der Praxis herrscht Unsicherheit. 
Viele Unternehmen haben längst mit der Umsetzung begonnen. Und jetzt? Pausieren? Weitermachen? Warten auf nationale Gesetze? 

Wir ordnen ein, was dieser politische Schnellschuss wirklich bedeutet – und was jetzt zu tun ist. 

Was wurde beschlossen – und wen betrifft es? 

Mit dem sogenannten Stop-the-Clock-Vorschlag will die EU-Kommission Unternehmen zwei Jahre mehr Zeit geben, bevor sie erstmals nach den neuen Vorgaben der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) berichten müssen. 

Konkret betrifft das alle Unternehmen, die nicht bereits nach der alten NFRD berichtspflichtig waren – also große Unternehmen der sogenannten „Wave 2“ sowie börsennotierte KMU („Wave 3“). Diese Fristen wurden nun nach hinten verschoben

Hier die neue Übersicht: 

Gruppe Bisheriger Start Neuer Start (nach Stop-the-Clock) 
Große Unternehmen mit NFRD-Pflicht (“Wave 1”) Geschäftsjahr 2024 → Bericht 2025 Unverändert 
Alle anderen großen Unternehmen (“Wave 2”) Geschäftsjahr 2025 → Bericht 2026 Neu: Geschäftsjahr 2027 → Bericht 2028 
Börsennotierte KMU (“Wave 3”) Geschäftsjahr 2026 → Bericht 2027 Neu: Geschäftsjahr 2028 → Bericht 2029 

Das klingt zunächst nach Entlastung – vor allem für Unternehmen, die gerade noch mitten in der Vorbereitung stecken.  Aber: Für Unternehmen der Wave 1 bleibt alles wie geplant. 

Das heißt ganz praktisch: 

  • Wenn Sie bereits unter NFRD fielen, müssen Sie jetzt liefern. 
  • Wenn Sie zur Wave 2 oder 3 gehören, wurde der Start um zwei Jahre verschobenaber ohne Garantie, wie die finalen Regeln bis dahin aussehen werden. 

Und genau das bringt uns zum Knackpunkt. 

Rechtssicherheit? Leider nein. 

Die offizielle Kommunikation spricht von „mehr Rechtssicherheit“ und „Planbarkeit“ für Unternehmen. Doch wenn man genauer hinschaut, zeigt sich: Die Uhr mag stehen – die Unsicherheit nicht. 

Denn aktuell ist unklar: 

  • Was genau gilt für Unternehmen, die bereits gestartet sind? 
    Viele haben Reporting-Projekte längst aufgesetzt, interne Prozesse aufgebaut oder externe Berater:innen beauftragt. Sollen sie nun pausieren? Oder freiwillig weitermachen, obwohl die Regeln sich bald wieder ändern könnten? 
  • Was passiert mit den ESRS-Standards? 
    Die EU-Kommission hat EFRAG beauftragt, die European Sustainability Reporting Standards zu überarbeiten – ein Entwurf soll bis 31. Oktober 2025 vorliegen. Es ist zu erwarten, dass viele Inhalte vereinfacht oder gestrichen werden. Bedeutet: Wer jetzt nach alten Standards arbeitet, könnte doppelt investieren. 
  • Wie sieht es in Deutschland aus? 
    Die nationale Umsetzung der CSRD steht noch aus. Für Unternehmen der Wave 2 gibt es – Stand heute – keine gesetzliche Verpflichtung zur Berichterstattung für 2025. 
    Ob und wann der deutsche Gesetzgeber die neuen Fristen übernimmt, ist offen. Klar ist nur: Unternehmen planen längst auf Basis der ursprünglichen Zeitachse – und bleiben nun im luftleeren Raum zurück. 
  • Und was ist mit Investoren und Stakeholdern? 
    Wer gehofft hatte, mit CSRD endlich standardisierte, vergleichbare ESG-Daten zu bekommen, wird weiter warten müssen. Für viele Investor:innen verschiebt sich die Datengrundlage – und damit der Einstieg in wirklich ESG-basierte Steuerung – erneut. 

Unser Fazit an dieser Stelle: 

Der Beschluss stoppt formell die Berichtspflicht – aber nicht die Verwirrung, in der sich viele Unternehmen gerade befinden. 

Wie kam es zum Stopp – und warum so schnell? 

Dass ein EU-Gesetz in weniger als sechs Wochen durch Kommission, Rat und Parlament rauscht, ist selten. Beim Stop-the-Clock-Vorschlag ging es ungewöhnlich schnell – und das ist kein Zufall. 

Der politische Druck war hoch – aus mehreren Richtungen: 

  • Wirtschaft & Mitgliedstaaten: 
    Bereits im Herbst 2024 forderten mehrere Mitgliedstaaten – allen voran Frankreich, Italien und Deutschland – spürbare Entlastungen für Unternehmen. Die sogenannte Budapester Erklärung war ein Weckruf: Weniger Bürokratie, mehr Wettbewerbsfähigkeit. 
  • Die Kommission lieferte prompt: 
    Am 26. Februar 2025 präsentierte sie das sogenannte Omnibus-Paket. Kernstück: der Vorschlag COM(2025) 80 – der „Stop-the-Clock“. Unternehmen sollen durch einen zweijährigen Aufschub der CSRD-Pflicht Luft bekommen. 
  • Der Rat war sofort dabei: 
    Bereits am 26. März 2025 stimmte der COREPER (Ausschuss der Ständigen Vertreter im Rat) dem Vorschlag zu. Damit war klar: Auch der Ministerrat würde das durchwinken. 
  • Das Parlament zog mit – wenn auch nicht ganz reibungslos: 
    Am 1. April 2025 stimmte das Parlament dafür, den Vorschlag im Dringlichkeitsverfahren zu behandeln. 
    Die Abstimmung war knapp: 427 Ja, 221 Nein, 14 Enthaltungen – das zeigt, wie kontrovers das Thema war. Zwei Tage später, am 3. April, folgte dann die finale Abstimmung: 
    531 Abgeordnete stimmten zu, 69 dagegen, 17 enthielten sich – ein deutliches Ergebnis. 

Warum das so schnell ging? 

Weil alle wussten: Wenn der Aufschub noch 2025 wirken soll, muss er vor dem Sommer beschlossen sein. 
Und weil hinter den Kulissen ein breiter politischer Konsens bestand: Die CSRD in ihrer jetzigen Form ist in der Wirtschaft nicht umsetzbar – zumindest nicht für alle. 

BI2run - Teammeeting

Was bedeutet das jetzt konkret für Unternehmen? 

Der politische Beschluss ist da – aber im Unternehmen hört niemand auf zu arbeiten. Die meisten Nachhaltigkeits-, Finanz- und Compliance-Teams stehen nun vor genau einer Frage: 

Und jetzt? Weitermachen oder stoppen? 

1. Wenn Sie zur Wave 1 gehören: 

  • Sie berichten für das Geschäftsjahr 2024 – ohne Wenn und Aber. 
  • Sie brauchen eine fertige CSRD-konforme Nachhaltigkeitsberichterstattung bis 2025, inklusive Anwendung der vollständigen ESRS. 
  • Sie sind von der Verschiebung nicht betroffen. 

Tipp: Bleiben Sie unbedingt dran – gerade weil jetzt viele andere auf die Bremse treten, sind Sie mit einem funktionierenden Reporting-Prozess im Vorteil. 

2. Wenn Sie zur Wave 2 oder 3 gehören: 

Sie haben mehr Zeit gewonnen – aber weniger Orientierung. 

  • Ihre gesetzliche Berichtspflicht beginnt frühestens für das Geschäftsjahr 2027. 
  • Sie wissen aktuell nicht, wie die überarbeiteten ESRS-Standards aussehen werden. 
  • Nationale Umsetzungsgesetze (z. B. in Deutschland) fehlen noch komplett. 

Verplfichtung? Nein. Empfehlung? Kommt drauf an. 

❗️Das Problem: Viele Unternehmen haben längst investiert. 

Tools sind gekauft, Datenpfade definiert, Workshops gemacht. Ein sofortiger Stopp wäre betriebswirtschaftlich unsinnig – und strategisch riskant. 

3. Was jetzt Sinn ergibt: 

  • CSRD-Projekt nicht stoppen – aber skalieren. 
    Überlegen Sie gemeinsam mit Stakeholdern: Welche Teile lohnen sich weiterzuführen? Was können Sie temporär einfrieren? 
  • Wissen und Strukturen sichern. 
    Halten Sie interne Expertise im Team, dokumentieren Sie Prozesse, sichern Sie erste Reporting-Iterationen – auch wenn diese „freiwillig“ bleiben. 
  • Datenqualität verbessern. 
    Nutzen Sie den gewonnenen Vorlauf, um Datenlücken zu schließen. Nichts ist frustrierender, als 2027 mit denselben Problemen wie 2024 zu starten. 
  • Kommunikation & Erwartungsmanagement. 
    Gerade börsennotierte Unternehmen oder solche mit Investorenkontakt sollten klar machen: 
    „Wir pausieren nicht – wir nutzen die Zeit für bessere Qualität.“ 

Kurz gesagt: 
Sie müssen (noch) nicht berichten. Aber Sie sollten klug mit dem Aufschub umgehen. Wer heute alles einstellt, verliert morgen den Anschluss. 

BI2run - persönliches Gespräch

Wie geht’s jetzt weiter – und wie kommen Sie sicher durch diese Phase? 

Auch wenn der Gesetzestext noch nicht final ist – der politische Kurs ist klar: 

  • Die zweijährige Verschiebung der Berichtspflicht kommt. 
  • Die Standards (ESRS) werden überarbeitet. 
  • Die nationale Umsetzung, z. B. in Deutschland, steht noch aus – aber ist nur eine Frage der Zeit. 

Was das bedeutet: Jetzt ist nicht die Zeit für Stillstand – sondern für strukturierte Steuerung. Und genau dabei unterstützen wir Sie. 

Was Unternehmen jetzt brauchen: 

  • Eine klare Einordnung: Gilt die Berichtspflicht – oder nicht? 
  • Einen belastbaren Plan, wie man mit laufenden CSRD-Projekten umgeht. 
  • Flexibilität, um auf neue Anforderungen schnell reagieren zu können. 
  • Ein Partner, der Orientierung gibt – und gleichzeitig in der Umsetzung mitgeht. 

Wie wir Sie konkret unterstützen: 

  • Wir prüfen gemeinsam mit Ihnen, wo Ihr CSRD-Projekt aktuell steht – und wie es sinnvoll weitergeführt werden kann. 
  • Wir priorisieren mit Ihnen, was Sie pausieren, verschlanken oder sogar ausbauen sollten. 
  • Wir halten Sie eng am politischen und regulatorischen Puls – und bereiten Ihre Organisation gezielt auf die nächste Berichtswelle vor. 
  • Wir entwickeln mit Ihnen Lösungen, die auch mit neuen Standards weiter funktionieren – skalierbar, anpassbar, rechtssicher. 

Fazit: Der Aufschub ist kein Ausstieg – sondern ein Zeitfenster. 

Unternehmen, die jetzt klug reagieren, verschaffen sich einen Vorsprung. 
Wir helfen Ihnen, dieses Zeitfenster sinnvoll zu nutzen – ohne Überforderung, aber mit Blick für das Wesentliche. 

Melden Sie sich gerne bei uns – wir gehen die nächsten Schritte gemeinsam. 

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